Montag, November 20, 2006

Rakiura Track - Stewart Island

Nach fast einjaehriger Abstinenz in Sachen Mehrtageswanderungen (meine Tongariro Wanderung fand im Dezember 2005 statt), freute ich mich auf das Abenteuer Stewart Island. Diese Insel ist neben der Nord- und Suedinsel die dritte zu Neuseeland gehoerende Insel und liegt suedlich der Suedinsel. Um die Wanderung nicht alleine durchstehen zu muessen, verschob ich meine freien Tage und konnte mich somit zusammen mit Pavlina in dieses Abenteuer stuerzen. Mit von der Partie war ebenso Ryan, der mit uns arbeitet. Eigentlich muesste man sagen, der mit uns arbeitete, denn er verlaesst die Firma und hatte am Sonntag seinen letzten Arbeitstag. Bereits die Tage davor waren die reinste Abschiedsparty fuer ihn und so war er noch ziemlich betrunken, als wir Sonntag nach der Arbeit in Richtung Invercargill aufbrachen. Dort angekommen, mieteten wir uns in einem hostel ein, kochten zusammen, damit er mal wieder was Anstaendiges in seinen Magen bekam und schliefen recht spaet ein – besonders wir Maedels, weil Ryan naemlich schnarchte.

Tag 1:

Am naechsten Morgen machten wir uns auf den Weg nach Bluff, weil von dort die Faehre nach Stewart Island ablegt. Wir versuchten gar nicht erst, einen wilden Parkplatz zu finden, um uns die Parkgebuehren zu sparen sondern stellten ganz brav den Wolfgang auf einem bewachten kostenpflichtigen Parkplatz ab. Man muss es ja nicht immer kompliziert machen. Die Ueberfahrt selbst dauerte ca. 1 Stunde und wir hatten eine Schulklasse an Board. Am Anfang waren sie alle noch ganz cool und gelassen aber mit der Zeit wurden ihre Gesichter immer weisser. Einige verschwanden dann auch mal kurzzeitig mit den angebotenen Papiertueten… Da wir drei ja auf einem Boot arbeiten, machte uns das Geschaukel nichts aus- im Gegenteil, wir schliefen sogar zufrieden ein!

In Oban, der einzigen Stadt auf Stewart Island, meldeten wir uns beim DOC Office, buchten unsere Huettenpaesse und machten uns dann auf den Weg. Die erste Stunde war nicht sehr wanderfreundlich, denn wir liefen ueber geteerte Strassen zum Anfangspunkt des Tracks. Dort angelangt, entschieden wir uns erstmal, alles ruhig angehen zu lassen und das verpasste Fruehstueck nachzuholen- ganz standesgemaess am Strand.

Der erste Tag lief sich ganz wunderbar. Das Wetter war fantastisch und zwischenzeitlich benutzten wir sogar unsere Sonnencreme. Bei einer Pause am Strand sammelten wir Muscheln und als ich mich ganz interessiert einem Vogelnest naeherte, um Fotos von den zwei darin befindlichen Eiern zu machen, riskierte ich fast mein Leben, denn der dazugehoerige Vogel (ein Oystercatcher) fand das gar nicht lustig und verteidigte seine Nachkommen. Er kam im Sturzflug auf mich zugeflogen, schimpfte wie ein Rohrspatz und am Boden angekommen, lief er im Zickzack um sein Nest herum mit der Absicht, mich zu vertreiben. Nun ja, das haette ich ihm ja auch sagen koennen, dass ich seinen Eiern nichts tue, aber der war so laut, der wollte ja gar nicht zuhoeren! Besonders lustig fand ich auch den Zwischenfall mit dem Asiaten, der in einer Bucht sass und eine Pause einlegte und doch tatsaechlich eine ‘Germany’-Jacke trug. Das musste ich einfach fotografieren, das haette mir ja sonst keiner geglaubt! Pavlina und Ryan fanden das sehr lustig. Irgendwann nach ca. 5 Stunden kamen wir in der Port William Hut an und die zwei legten machten erstmal ein Nickerchen. Ich lief am Strand entlang und kaempfte mal wieder ums Ueberleben, diesmal mit Sandflies. Irgendwann gewannen sie die Oberhand und ich floh. Zum Abendessen gabs dann Nudeln, ein indisches Fertiggericht und zum Nachtisch Milchreis, den wir gemeinsam am Strand verzehrten. Das allerdings wieder nur im bewegenden Zustand, denn dort stehenbleiben sollte man aufgrund der vielen Sandflies lieber nicht. Zu spaeter Stund machten wir uns noch auf den Weg auf eine kleine Wanderung, die in eine Matsch- und Nachtwanderung ausartete. Das war schon recht abenteuerlich, vorallem weil wir in der Ferne einen Kiwi hoeren konnten. Stewart Island ist eine der wenigen Orte in Neuseeland, wo man Kiwis in freier Wildbahn sehen kann. Nun, wir konnten sie leider nur hoeren, waren aber darueber schon sehr gluecklich.

Tag 2:

Dummerweise fing es waehrend unserer Nachtwanderung an zu regnen und das hielt die ganze Nacht hindurch an. Am naechsten Morgen machte uns der Regen das Aufstehen sehr schwer, denn wer verlaesst schon gern seinen warmen Schlafsack bei diesen Aussichten! Als wir kurz nach 9 Uhr aufbrachen, hatte es schon fast aufgehoert und eine knappe Stunde spaeter regnete es gar nicht mehr. Vielen Dank an den Wettergott! Nun ja, von dem Regen haetten wir sowieso nicht viel mitbekommen, schliesslich liefen wir an diesem 2. Tag nur durch Regenwald und matschig war es sowieso. Machte also keinen grossen Unterschied. Nicht sehr angetan war ich von den vielen Holzstufen, die mal ein armer Freiwilliger in unendlicher Schufterei angelegt haben muss. Wir kletterten stundenlang bergauf und bergab und wer Treppensteigen generell hasst (weil er vielleicht auch mal wie ich im 6. Stock eines Neubaublocks gewohnt hat), kann vielleicht meine Gedanken nachvollziehen, die hier lieber nicht wiedergegeben werden sollen. Pavlina lief wie eine Maschine, was mich schon an ihrer Menschlichkeit zweifeln lies (irgendwann erwaehnte ich sogar mal ganz erschoepft Ryan gegenueber, dass Pavlina nicht menschlich sein kann!), weil sie ohne nach Luft zu schnapfen die vielen Stufen nach oben kletterte und munter weiter lief, waehrend ich schnaufend 2 km hinter ihr zurueck lag und fuer einen leider nicht vorhandenen shuttle Bus betete. Die Stufen liesen zwischenzeitlich mal nach, was mich hoffen lies, aber leider wurde es dadurch nicht besser. Nun mussten wir uns naemlich einen Weg durch unendlich grosse Matschgruben bahnen. Sehr viele Alternativen dabei gabs meistens nicht, man konnte nur waehlen zwischen sehr tief, tief und ein bisschen weniger tief als sehr tief. Was heissen soll, dass man auf alle Faelle im Matsch stand, egal wie clever man sich anzustellen versuchte. Das ging so weit, dass ich mich irgendwann sogar wieder auf die Stufen freute – unglaublich! Nun ja, die Tatsache, dass ich an diesem Tag nicht sehr viele Fotos geschossen habe, ist deutliches Indiz dafuer, dass der Tag fuer mich sehr anstrengend war. Ich muss auch ehrlich gestehen, dass ich diesen Tag ueberhaupt nicht genossen habe. Dafuer war ich viel zu sehr mit lebensnotwendigen Aufgaben (atmen!) beschaeftigt.

Als wir die North Arm Hut erreichten, machte sogar ich ein kleines Nickerchen und das soll schon was heissen! Danach fuehlte ich mich allerdings wieder frisch und munter (na ja die schmerzenden Beine verschweigen wir da mal lieber…) und ich spazierte wieder mal an einem Strand umher. Nun hatte ich auch wieder Zeit und Muse zum fotografieren. Zum Abendbrot gabs mal wieder – ja Ihr habt es erraten- Nudeln und zwar sehr viele davon, weil wir all unsere Vorraete verputzen wollten, schliesslich war dies ja unsere letzte Nacht auf dem Track. Die Fertignudeln sind allerdings so stark gesalzen, dass ich literweise Wasser getrunken habe und deswegen nachts noch mal raus aufs Klo musste. Pavlina konnte aufgrund 3 sich abwechselnder Schnarcher in der Huette auch nicht schlafen und musste auch mal fuer kleine Maedels und so gingen wir gemeinsam, schliesslich war das Plumsklo einige hundert Meter entfernt und es war stockdunkel. Wir blieben sogar noch ne ganze Weile draussen und beobachteten den Sternhimmel, der atemberaubend schoen war! Wer schon mal solch eine Wanderung gemacht hat und in einer der Huetten uebernachtet hat, weiss, wie schlecht die Luft bei so vielen Leuten ist und so fluteten wir die Huette mit frischer Luft. Problem an der Sache – ich schlief unter dem geoeffneten Fenster und hatte die ganze Nacht ein kaltes Gesicht und am naechsten Morgen hatte ich die Quittung – ne fette Erkaeltung.

Tag 3:

Der 3. Tag fing wieder recht stufenreich an, aber nach ca. 2 Stunden wurde es besser. Das Wetter war wieder super, sehr sonnig und warm und so machten wir oefters mal Pausen an Straenden, um Sonne zu tanken. Straende haben wir ja gestern nicht gesehen, deswegen gabs einiges nachzuholen. Zum Schluss des Tracks wurde der Gehweg sogar richtig breit und erinnerte mich daher an unsere tollen Wanderwege im Thueringer Wald, wo man als Wandergesellschaft auch mal nebeneinander herlaufen und miteinander reden kann. Das konnten wir die letzten beiden Tage naemlich nicht. Geredet habe ich an diesem Tag trotzdem nicht so viel, denn erstens habe ich wieder Zeit fuer Fotos gehabt und zweitens war ich mit meinen Taschentuechern beschaeftigt. Ausserdem hing jeder seinen eigenen Gedanken nach: Ryan dachte wohl an seine bevorstehende Entdeckungstour durch Neuseeland sowie seine Rueckkehr nach Amerika, Pavlina war hoechstwahrscheinlich gedanklich mal wieder in ihrem Bett, denn sie koennte den ganzen Tag schlafen und ich dachte eben an den Thueringer Wald. Haette gerne meinen kleinen Seppl dabei gehabt, der haette sich bestimmt pudelwohl gefuehlt!

In Oban angekommen, machten wir uns erstmal auf den Weg zum DOC, um denen Bescheid zu geben, dass wir wieder heil angekommen sind. Dort traegt man sich naemlich in ein Buch ein und sagt Bescheid, wohin man geht und wann man gedenkt wiederzukommen. Ist man einen Tag spaeter immer noch nicht aufgetaucht, starten sie eine Suche. Danach versuchten wir, eine guenstige Unterkunft in Oban zu finden, weil wir geplant hatten, noch eine Nacht laenger auf Stewart Island zu bleiben. Das war aber unmoeglich, weil alle guenstigen Uebernachtungsmoeglichkeiten ausgebucht waren. So aenderten wir eben unsere Faehrueberfahrt von Donnerstag auf Mittwoch und ueberbrueckten die knapp 2 Stunden mit Kaffetrinken in einem kleinen netten Cafe (das sich in deutschem Besitz befindet), gingen ein wenig am Strand spazieren und Ryan goennte sich sogar ein kleines erfrischendes Bad. Die Sandflies waren allerdings auch hier eine riesige Plage und so zieren noch heute einige ihrer Bisse die verschiedensten Bereiche meines Koerpers. Nach einem kleinen Abstecher in den einzigen Supermarkt des Ortes verliebten Pavlina und ich uns in zwei Hunde, die auf einem Pickup vor der Tuer angebunden waren und sich ueber unsere Streicheleinheiten freuten. Der eine war noch ein Welpe von schaetzungsweise 10 Wochen und wir haetten ihn am liebsten mitgenommen!!! Die Trennung fiel schwer und wir drehten uns noch einige Male um und bereuten, dass wir sie nicht mitnehmen konnten. Die Faehrueberfahrt hatte es diesmal in sich, die See war sehr stuermig und wir huepften ueber die Wellen. Hinterher meinte ich zu Pavlina und Ryan, dass ich schon sehr froh bin, auf einem Boot zu arbeiten und an das Geschaukel gewoehnt zu sein, sonst haette ich heute wohl auch Gebrauch von den Papiertueten machen muessen… Der Kapitaen hiess uebrigens Tuna (englisch fuer Tunfisch und Pavlina und ich kriegten uns ueber diesen Namen einfach nicht mehr ein!).

Nach Ankunft in Bluff gings sofort wieder nach Invercargill, wo wir in das selbe Hostel einscheckten, wie letzten Sonntag, allerdings steckte man Ryan diesmal in ein anderes Zimmer (man ging wohl automatisch davon aus, dass Ryan schnarcht und wollte uns was Gutes tun – was ja auch stimmte!). Nach einer Dusche, fuer die ich fast ueber Leichen gegangen waere, gingen wir einkaufen und kochten uns ein wohlverdientes Abendessen – keine Nudeln!!! Ausserdem telefonierte ich noch ueber eine Stunde mit Claudia, die heute leider Neuseeland verlassen muss und ziemlich traurig darueber war. Meine liebe Claudia, war schoen Dich getroffen zu haben, ich wuensch Dir einen tollen Heimflug und ich bin mir sicher, dass Dich Deine Leute zu Hause nicht vergessen haben :-)

Am Donnerstag erledigten wir noch einige Dinge in Invercargill, fuhren zurueck nach Te Anau, wo es auch noch einige Dinge zu erledigen gab (geborgten Gaskocher zurueckgeben usw.) und dann goennten wir uns noch eine Gratisvorstellung des Fjordland Films „Shadowland“, der nur im Te Anauer Kino ausgestrahlt wird. Da wir in Milford arbeiten und als locals (Einheimische) gelten, mussten wir nichts bezahlen. Ich hab den Film sowieso schon gesehen, aber Pavlina kannte ihn noch nicht. Durch unseren Aufenthalt in Te Anau verloren wir einiges an Zeit, aber somit hatten wir wenigstens nicht all die Touristen vor uns auf der Milford Road, die zur Hauptreisezeit (Mittagszeit) immer sehr belebt ist. Fuer Ryan war es die letzte Fahrt nach Milford und so war er recht melancholisch aufgelegt. Inzwischen hat er uns verlassen (er reiste gestern, am Sonntag ab) und hinterlaesst einige lustige stories, die ihn komischerweise fast immer im angetrunkenen Zustand zum Inhalt haben…

Wow, das war ein recht langer Bericht, sorry an alle, die inzwischen schon ein paar Mal mit den Augen gerollt haben. Der Bericht waere noch viel laenger geworden, wenn ich jeden einzelnen Sandflies-Biss aufgezaehlt haette J. Fotos von Rakiura gibt es hier anzuschauen. Ach so, Rakiura ist uebrigens der Maori Name fuer Stewart Island und wird uebersetzt als ‚The Land of the Glowing Skies“ was soviel bedeutet wie „Land der gluehenden Himmel“ und man nimmt an, das dies erstens die Suedlichter meint, die man am Sternenhimmel sehen kann, wie auch die ‚gluehenden’ Sonnenuntergaenge. Ausserdem hat die Insel noch verschiedene andere Maori Namen und hat eine wichtige Bedeutung in der Entstehungsgeschichte Neuseelands inne, aber damit moechte ich Euch heute verschonen. Wen sich genuegend Leute dafuer interessieren, kann ich dies gerne nachholen.

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Hallo Katja, eigentlich wollte ich Deinen Artikel, weil er so lang geworden ist, später lesen, aber Du hast es mal wieder geschafft, daß ich nicht wegzubekommen war, von der Kiste Computer. Ich sehe, daß Du die freie Zeit, die Du hast, hervorragend nutzt, Land und Leute kennenzulernen. Aber das war ja Dein Ziel. Wir wünschen Dir alle noch viel Spaß und bleib gesund.
Viele Grüße von zu Hause, von Mutti, Papa, Opa, Sylvio und Sabine