Dienstag, Mai 30, 2006

Mechaniker und Vorhaenge, Leberkaese und Christchurch im Ausnahmezustand

Seit 2 Wochen arbeite ich nun nicht mehr als Cleaner, sondern habe mich zur Rezeption vor- bzw. hochgearbeitet. Die Arbeit macht Spass und ist abwechslungsreicher als Betten machen. Die Auslastung meiner Arbeitskraft gestaltet sich recht unterschiedlich. Manchmal wollen 6 Leute gleichzeitig einchecken und bezahlen, dann fragt jemand nach seinen im Safe eingeschlossenen Habseligkeiten und eine andere moechte Waschpulver kaufen. Zu anderen Zeiten ist man stundenlang in sein Buch vertieft und muss sich ab und zu mal aufrappeln, einen Pflichtrundgang durchs Haus machen und ggf. das Feuer checken. Grundsaetzlich ist momentan weniger los, weil der Sommer vorbei ist und weniger Touris unterwegs sind.

Die restliche freie Zeit habe ich mal wieder recht unterschiedlich verbracht.
1. Mein Wolfgang musste zum W.O.F. (neuseelaendischer TUEV). Der Mechaniker wollte mich fuer bloed verkaufen und meinte, dass es das Auto nicht mehr Wert sei, die erforderlichen 700 Dollar fuer Reparaturen hinzublaettern. Einzige Alternative: An einen Mechaniker verkaufen, der die Restteile verwertet. Bin dann zu einem anderen Mechaniker, der mir das Auto fuer 360 Dollar repariert hat und mir einen neuen W.O.F. ausgestellt hat. Wolfgang und ich sind nun wieder gluecklich!

2. Meine Arbeitskollegin Linda hat sich einen Van gekauft, mit dem sie nun durch NZ reist (sie ist vor ein paar Tagen abgereist). Ihre Freizeit verbrachte sie mit Van entruempeln, Zubehoer kaufen, Vorhaenge und Matrazenbezuege naehen und das Auto wettbewerbsfaehig fuer 'schoener wohnen' zu machen. Teilweise half ich ihr dabei und wir erlebten einige witzige Gegebenheiten. Erstmal ist es ohne das noetige Vokabular schon eine Herausforderung, Stoff fuer Vorhaenge und Ueberzuege zu kaufen und beim Bezahlen habe ich mich fuer die Geduld der Verkaeuferin bedankt. Dann ist es in NZ nicht so einfach, Bettwaesche zu kaufen. Ausgestattet mit den benoetigten Massen stuermten wir den Laden, fanden aber nur die Standardmodelle 'Kingsize' und 'Queensize' ohne genaue Masse. Auf die Frage, wie gross die denn seien, erhielten wir die selten daemliche Antwort, dass dies Standardmasse seien. Ach ne, wirklich? Haette ich nicht fuer moeglich gehalten! Der Verkaeufer packte die Bettdecke aus und musste nachmessen (und verfluchte dabei wahrscheinlich insgeheim die bloeden Auslaender mit ihren Sonderwuenschen)!
Ansonsten schlug sich die liebe Linda die Nachtstunden um die Ohren und naehte mit einer Engelsgeduld Vorhaenge. Wenn sie nicht an der Naehmaschine sass, kochten wir meistens was zusammen mit Jana, einer weiteren Arbeitskollegin. Wir haben es sogar zu selbstgemachtem Apfelmus und Kartoffelpuffern gebracht und haben Amy aus Kanada (sie arbeitet auch hier) die deutsche Kueche etwas naeher gebracht.

3. Da ich wochenends Zeit habe, schlendere ich immer auf den Arts Market mit vielen Staenden von Kuenstlern und Handwerkern. Allerdings interessieren mich die internationalen Fressbuden mehr, weil es da abwechslungsreiche Mahlzeiten aus aller Herren Laender gibt. Habe schon griechisch und tschechisch ausprobiert und natuerlich deutsch (Leberkaese+Sauerkraut; die bayrischen Wuerste ruehr ich allerdings nicht an, dafuer ist mein thueringisches Herz zu stolz und mein Magen zu verwoehnt). Naechstes Mal vielleicht libanesisch oder thai?

4. Am 27.5. fand das Rugby Finale zwischen den Crusaders (aus Christchurch) und den Hurricans (aus Wellington) im Christchurcher Stadium statt. Ich sah mir das Spiel auf der Grossleinwand in einem Pub an, erlebte ein spannendes Spiel und sah die Christchurcher Fans am Ende jubeln. Das war auch ein Match Suedinsel gegen Nordinsel, also eine Frage der Ehre! Wer den Mut aufbrachte, seine Sympathien fuer die Hurricans kundzutun, riskierte verbale Attacken. Selbst die Christchurcher Zeitung 'The Press' veroeffentlichte einen Artikel, in dem eindeutige Erkennungsmerkmale fuer versnobbte Wellingter aufgefuehrt wurden.

Moeche mich auf diesem Wege nochmal ganz herzlich fuer alle Kommentare, Briefe, Postkarten und Paeckchen (ich moechte damit niemanden unter Druck setzen ... ;-) ) bedanken, ueber die ich mich immer sehr freue. Wie sagt man so schoen hier, I really appreciate it! (Ich weiss es sehr zu schaetzen). In diesem Sinne, bis zum naechsten Mal...


Dienstag, Mai 16, 2006

Christchurch III - Rugby

Jetzt bin ich Euch noch den Bericht ueber das Rugby Spiel schuldig. Bitte erwartet keine Erklaerung ueber Spielregeln, da blicke ich naemlich selbst nicht durch. Wie komme ich eigentlich zu einem Rugby Spiel? Also ich habe irgendwann mal Rob (den ich hier kenne) gegenueber erwaehnt, dass ich mir gern mal ein Rugby Spiel anschauen wuerde und so wurde ich von seiner Familie eingeladen. Das Spiel fand abends 7:30 Uhr statt und es war arschkalt. Eingehuellt in 3 Jacken und bewaffnet mit meinen Handschuhen sass ich dort und beaeugte interessiert das Geschehen. Es spielten die Crusaders (aus Christchurch) gegen die Brumbies aus Australien (ueber das besondere Verhaeltnis von Kiwis zu Australiern habe ich ja schon mal berichtet; die Buhrufe fielen dementsprechend laut aus). Das Spiel an sich war recht unspektakulaer und eher langeweilig, weil die meisten Tore durch Strafstoesse erzielt wurden und recht haeufig 40% aller Spieler uebereinander lagen und um den Ball kaempften. Der Rest stand drum rum und wartete darauf, dass der Ball (oder eigentlich eher ein Ei) irgendwo herausgeschluepft kam. Das Spiel ist sehr koerperbetont und sieht manchmal recht brutal aus, weil man (ohne jegliche Polster oder Schutzkleidung) die Gegenspieler rammt. Unsere Fussballspieler, die bei der kleinsten Beruehrung sterbend auf dem Rasen liegen, koennen sich wirklich mal ne Scheibe von den Rugby Spielern abschneiden! Die Australier jedenfalls hatten keine Chance und verloren das Spiel 33:3, was die anwesenden Kiwis nicht wirklich gestoert hat.

Die Zuschauer haben uebrigens die Wahl zwischen Spielfeld und Videoleinwand, die man oefter mal zu Rate ziehen muss, da man bei der Balgerei nicht immer durchblickt, wer da 1. ueber wem liegt und 2. wer denn nun eigentlich den Ball hat und 3. wo der Ball eigentlich hingeworfen wurde. So blieb zumindest der Kopf in Bewegung.

Habe fuer mich beschlossen, dass ich mir gern noch mal ein live Spiel anschauen moechte, dass ich dies aber auf die Fruehlingsmonate verschieben werde.

Banks Peninsula, Akaroa (09.05.-11.05.06)

Am Dienstag machten wir (Marianne und ich) uns auf den Weg nach Akaroa. Wir verliesen Christchurch bei schoenstem Sonnenschein und fuhren ca. 2 Stunden nach Akaroa, weil wir uns natuerlich fuer den laengeren, aber sehenswerteren Touristic Scenic Drive entschieden. Gegen Nachmittag erreichten wir Akaroa, staerkten uns bei Fish&Chips und statteten Leuchtturm und Anglican Cemetry (Friedhof) einen Besuch ab. Danach fuhren wir zur Le Bons Bay, wo uns das Le Bons Bay Backpackers empfohlen wurde. Wir checkten ein, ruhten uns ein wenig aus und kamen auf die wahnwitzige Idee, noch einen Spaziergang zu machen. Wir packten uns warm und wasserfest ein, schliesslich war es bereits dunkel und nieselte und wir machten uns mit 2 kleinen Taschenlampen auf den Weg. Wir liefen auf der Strasse und obwohl kein Mond und keine Sterne zu sehen waren, war es relativ hell und wir fanden unseren Weg problemlos. Zwei kleinere Zwischenfaelle machten den Spaziergang doch noch zum Erlebnis:
1. Urploetzlich fing ein kleiner Hund an zu bellen, den wir in der Dunkelheit trotz Taschenlampen nicht ausfindig machen konnten. Aufgrund des uns eingejagten Schreckens (auf einer Skala von 1-10= 19) stuften wir ihn als gefaehrlichen Kampfhund ein.
2. Ein paar Minuten spaeter musste eine Kuh muhend kundtun, dass sie sich irgendwo in unserer Naehe befindet und da wir absolut nichts von ihr sehen konnten, und auch nicht gerade heiss auf ein Zusammentreffen mit ihr waren, kehrten wir wieder um. War ganz froh darueber, denn bisher waren wir nur bergab gegangen und nun gings steil wieder bergauf. Meine Lungen waren begeistert!

Die Nacht im 7-Personen-Schlafsaal sollte sich als Lehrstunde im Daeumchendrehen und Schaefchenzaehlen erweisen, denn die einzige Person, die fest schlief, war eine aeltere schnarchende Frau. Die anderen 6 Bewohner waren wach und schmiedeten insgeheim Racheplaene (wenn nicht noch schlimmer…)

Am naechsten Morgen genossen wir frisch gebackenes Brot und selbstgemachte Marmelade und beschlossen, dem Otepatotu Scenic Reserve einen Besuch abzustatten. Wir wanderten los, kaempften uns todesmutig durch eine Herde schlecht gelaunter Kuehe (man erklaerte uns, dass die Kuehe von ihren Kaelbern getrennt wurden) und bestiegen mal wieder nicht enden wollende Berge. Unser Optimismus und gute Laune wurden urploetzlich auf eine harte Zerreissprobe gestellt, als wir einen harmlos aussehenden Wasserlauf ueberqueren mussten und ploetzlich knoecheltief (Marianne) bzw. bis zu den Knien (natuerlich ich!) im Matsch standen. Das zusaetzliche Gewicht von Wasser und Dreck an meiner Hose machten den Aufstieg nicht gerade einfacher. Oben endlich angekommen, wollten wir beide aus Dankbarkeit und Erleichterung schon die Teerstrasse kuessen!

Damit waren unsere Abenteuer fuer diesen Tag noch nicht beendet. Fuer eine schoenere Aussicht kaempften wir uns durch matschiges und rutschiges Gebiet, nur um oben angekommen feststellen zu muessen, dass alles nebelverhangen ist. Unter Risiko unseres Lebens rutschten wir den glitschigen Weg wieder zurueck und bewunderten unten angekommen den allerschoensten Sonnenschein und sahen keine einzige Wolke.

Nach ca. 4 erlebnisreichen Stunden kamen wir saudreckig und geschafft im hostel an, machten uns frisch und fuhren an die Le Bons Bay, um den Strand zu begutachten. Danach gings wieder zurueck und fuer 12 Dollar gabs ein vom Besitzer des hostels gekochtes Festessen (Fisch, Muscheln, Kartoffeln mit Knoblauch, Gemuese, Kumara-Auflauf, Salat und zum Nachtisch einen Apfelkuchen mit Eis). Den Abend verbrachten wir quatschend mit den anderen Gaesten und ich unterhielt mich mit einem Englaender ueber ein beide Nationen brennend interessierendes Thema: Die Fussball WM in Deutschland. Ich sagte ihm, dass es schon schade sei, dass es im Heimatland stattfindet und ich sei nicht da. Seine Antwort: Sieh es mal von der Seite, Deutschland wird nicht gewinnen, England erst Recht nicht, deswegen verpassen wir beide nichts! Stattdessen sollte ich mich naeher mit dem Nationalsport der Neuseelaender beschaeftigen, dem Rugby. Gesagt getan, einen Tag spaeter sass ich im Jade Stadion in Christchurch bei einem Rugby Spiel. Dazu mehr im naechsten Eintrag.

Am Donnerstag fand dann endlich der langersehnte Bootstrip mit dem Besitzer Garry statt, der 7 Leute aufs Meer hinausschipperte. Wir bestaunten die Landschaft, Seeloewen, Voegel und – der Hauptgrund unseres Ausfluges- Hektordelfine, die kleinsten und seltendsten Delfine der Welt. Es waren nur ca. 3 oder 4, aber egal, schoen wars trotzdem. Nur leider machte mir das Geschunkel wieder arg zu schaffen und ich war heilfroh, als ich wieder festen Boden unter meinen Fuessen hatte.

Nach einem erneuten kleinen Abstecher nach Akaroa fuhren Marianne und ich wieder nach Christchurch, wo mich nun wieder der Alltag eingeholt hat. Der Regen uebrigens auch…

Christchurch II

Nachdem ich zwischenzeitlich einige Anfragen bekam, moechte ich mich mal wieder melden. Mir geht es gut und wir wurden nicht vom Tsunami weggefegt. Die Warnung wurde einige Zeit spaeter aufgehoben. Das Ganze geschah zu sehr fruehen Nacht- bzw. morgenstunden, so dass hier niemand etwas mitbekommen hat. Waeren da nicht die Anrufe einiger besorgter Angehoeriger mitten in der Nacht gewesen, die gleich ganze Gemeinschaftsschlafraeume geweckt haben.

Was habe ich in den letzten Wochen erlebt? Nun, da gibt es nicht so viel Spannendes zu berichten, deswegen war es hier in letzter Zeit auch etwas ruhig. Ich fasse mal zusammen.

Ich lerne hier sehr viele Leute kennen (Arbeitskollegen und/oder Gaeste), mit denen ich einige Zeit verbringe. Zum Beispiel Maxi, die hier mit offenen Armen empfangen wurde, weil sie dringend erforderliche Streich -und Malerarbeiten ausfuehren sollte. Sie hat das Ganze nicht gelernt, aber Sandra (die Eigentuemerin des hostels) ist der Meinung, dass alle deutschen Maedels handwerklich begabt sind. Nun gut, Maxi war von ihrer Leistung nicht immer hundertprozentig begeistert, Sandra aber schon. Habe mit Maxi viele lustige Stunden verbracht, sie hat mich Sudoku gelehrt und nun tourt sie durch Australien und bald auch Bali. Viel Spass dort!

Als ich sie eines schoenen Tages zum Flughafen brachte, blieb ich gleich noch einige Zeit laenger und holte den Michael ab, der am selben Tag von seinem Australienurlaub zurueckkam. Wir gingen spaeter noch ins Kino und schauten uns einen Film ueber einen deutschen Reisenden in Buenos Aires an und schmunzelten ueber seine Erlebnisse.

Zu einem anderen Zeitpunkt waren meine beiden Arbeitskolleginnen Maxi und Manon, Fabian, den ich bereits aus Deutschland kenne, und ich im Kino und wir haben uns Ice Age II angeschaut. Lustig wie der erste Film und empfehlenswert.

Angestachelt durch Sandras Sprachenreichtum (sie begruesst fast jeden Gast in der Landessprache und beherrscht einige Floskeln in jeder Sprache) habe ich begonnen, Franzoesisch zu lernen. Meine Lehrerin ist Manon, sie kommt aus dem franzoesisch sprechenden Teil der Schweiz. Mal sehen, wie lange ich durchhalte, Franzoesisch ist sehr schwierig!

Ausserdem bin ich umgezogen. Sandra bot mir an, an der Rezeption zu arbeiten, was ich natuerlich dankend annahm. Ich bekomme neben meiner Unterkunft noch etwas Geld und habe mein eigenes kleines Reich bekommen. Da ich bisher immer von Freitag bis Sonntag gearbeitet habe und sich dies mit dem neuen Job nun aendern wird (Montag bis Freitag), habe ich mich dazu entschlossen, noch schnell einen Abstecher nach Banks Peninsula zu machen, da ich spaeter nicht mehr so viel Zeit dafuer haben werde. Marianne, eine Deutsche, hat mich begleitet.