Dienstag, Oktober 10, 2006

Was tun im Milford Sound, wenn man nicht arbeitet?

Viele, die den Milford Sound kennen, denken wahrscheinlich, dass ich mich hier zu Tode langweile, wenn ich gerade nicht arbeite und fuerchten um mein Seelenheil. Dem muss ich ganz entschieden widersprechen und Ihr muesst nicht denken, dass ich nach 7 Monaten nur noch mit mir selbst spreche. Hier eine unvollstaendige Aufzaehlung all der Dinge, die man hier unternehmen kann, um der Langweile entgegenzutreten.
  1. Fernsehen, DVD Verleih unserer Firma und Internet: ist vielleicht nicht gerade der beste Zeitvertreib, aber recht bequem. Dazu muss man sagen, dass bei der Internetbenutzung die Geduld eines jeden auf eine harte Probe gestellt wird, denn wenn man von langsamer Verbindung spricht, ist das noch untertrieben. Deswegen befindet sich der Computer wahrscheinlich auch im Fernsehraum, damit man beim Warten nicht wahnsinnig wird und sich ablenken kann. Die DVD Sammlung von Red Boats kann zwar nicht mit der Sammlung vom Frauenreisehaus in Christchurch mithalten, aber im Niemandsland schraubt man seine Ansprueche an qualitative Unterhaltung drastisch nach unten.
  2. lokaler Pub: Also die Leute dort brauchen nicht zu hoffen, dass sie mich sehr oft zu Gesicht bekommen, schliesslich bin ich nur ein Gelegenheitstrinker, aber an und an finde auch ich mich zu speziellen Ereignissen des oeffentlichen Lebens im Pub ein. Diese sind zum Beispiel Quiz-Night und Bingo, die abwechselnd woechentlich stattfinden. Nachdem unser Team bei der letzten Quiz-Night klaeglich versagte, konnte ich zumindest beim Bingo eine Flasche Sekt abstauben. Obwohl ich hier im Milford Sound ausser meiner 70 Dollar woechentlich fuer Unterkunft, Essen und alles andere keine weiteren Ausgaben habe, bin ich trotzdem sehr empfaenglich fuer das free-food im Pub gewesen, denn selber kochen ist schliesslich anstrengend und ab und zu moechte man sein Essen auch mal fertig vorfinden. Das fand bisher aber leider nur einmal statt.
  3. Ausser an meinen freien Tagen, an denen ich mich als faul erklaert habe, versuche ich jeden Tag nach der Arbeit fuer ca. 1 Stunde ins Fitnessstudio zu gehen, obwohl ich zugeben muss, dass es manchmal auch kuerzer ist. Aber auch hier sage ich mir, der gute Wille zaehlt und manch anderer weiss wahrscheinlich noch nicht mal, wo sich das Fitnessstudio eigentlich befindet.
  4. gemeinsames Kochen und Essen am Abend: eine ausgezeichnete Sache, um zusammen zu quatschen, Spass zu haben und sich besser kennen zu lernen. Habe bisher ein paar Mal mit zwei anderen Maedels gekocht, obwohl man eigentlich eher von 2 Koechen sprechen kann, denn Tania, 19 Jahre, kann nicht kochen, bietet sich aber wenigstens immer zum Gemueseschneiden usw. an. Habe erschreckenderweise festgestellt, dass ihr Allgemeinwissen nicht allzu gut ausgepraegt ist (sie als Kiwi weiss nicht mal, dass Auckland NICHT die Hauptstadt Neuseelands ist) und deswegen haben wir uns ihrer ein Wenig angenommen. Waere doch gelacht, wenn wir (eine Tschechin und ich) ihr nicht noch ein bisschen was beibringen koennen. Begonnen haben wir ganz einfach und so prosten wir uns jetzt immer in vielen verschiedenen Sprachen zu. Das nennt man Voelkerverstaendigung!
  5. kuerzere oder laengere Walks: zu laengeren Walks habe ich es bisher leider noch nicht geschafft, weil mir das Wetter einen Strich durch die Rechnung gemacht hat. Fuer viele Tage hatten wir allerschoenstes Wetter und als dann endlich meine 4 freien Tage vor der Tuer standen, fing es an zu regnen und hoerte fuer 3 Tage nicht mehr auf. Auf einen Walk bin ich trotzdem gegangen, was ich aber recht schnell bereute. Meine Hose war total durchnaesst aber so schnell wollte ich nicht aufgeben. Ist ja bloed, wenn man nach 30 Minuten laufen schon wieder aufgibt. So ganz wohl war mir aber nicht. Als dann der Weg auch noch ueberflutet war und kein Weiterkommen moeglich war (es sei denn, man watet knietief durchs Wasser), hatte ich endlich einen Grund zum Umkehren gefunden und schwor mir, erstens bei schoenem Wetter wiederzukommen und zweitens einen wasserfesten Ueberzug fuer meine Hose zu kaufen, denn leider kann man sich im Fiordland nicht auf schoenes Wetter verlassen. Mit einigen meiner Arbeitskollegen bin ich nach der Arbeit hoch zu den Bowen Falls geklettert. Wenn ich vorher gewusst haette, was mich erwartet, haette ich ne Ausrede gefunden, nicht mitzukommen. Ich war sowieso schon kaputt, der Tag war anstrengend gewesen, danach war ich noch im Fitnessstudio und dann kletterten wir an Seilen steile Urwaldpfade, glitschige Felsen und Baumstaemme empor und ich fragte mich staendig, wie wir hier eigentlich heil wieder runterkommen. Ich musste Schritte machen, doppelt so gross wie die Spannweite meiner kurzen Beine, die Seile waren nass und dann balancierten wir noch kilometerweit auf einer Pipeline entlang. Habe ich schon erwaehnt, dass wir einen Australier dabei hatten, der das ganze barfuss gemacht hat? Belohnt wurden wir mit einem phenomaenalen Ausblick ueber den Fjord und wir sahen einen der Bowen Falls, den man von unten nicht sehen kann, weil das Wasser ueber einen Felsvorsprung nach unten donnert. Nach kurzer Verschnaufpause machten wir uns auf den Rueckweg und da fing das Unheil an. Es war leider schon recht spaet und es wurde recht schnell dunkel, so dass wir nicht mehr allzu viel sehen konnten. Meine Fuesse verkeilten sich ab und an in Wurzeln oder rutschten aus und so machte mein Hintern oefter mal Bekanntschaft mit Steinen, Urwaldboden oder anderem Untergrund. Schlimmeres passierte aber nicht und so trug ich eher zur Belustigung der anderen bei. Der Mond entschied sich spaeter noch, uns den Weg zu leuchten und so kamen wir doch noch sicher am Ausgangspunkt der Wanderung an. Die anderen, die schon vorausgelaufen waren, kamen mit Taschenlampen zurueck, um uns den Weg zu leuchten (der Mond muss ja nicht alles allein machen) und ich nahm dankbar eine Dusche. Am naechsten Tag hatte ich wahnsinnigen Muskelkater in den Armen (durch die Seilgeschichte…) und die taeglichen Arbeiten liesen sich nicht so leicht ausfuehren, wie normalerweise.
  6. Lagerfeuer: Ob das immer mit rechten Dingen zugeht, weiss ich nicht, schliesslich sind wir im Nationalpark und da sollte man mit Feuern vorsichtig sein, aber egal. Was das DOC nicht weiss, macht sie nicht heiss. Jedenfalls finden hier oefter mal Lagerfeuer statt und wenn man es clever anstellt, bringt man sich sein Essen in Silberfolie verpackt mit und bereitet es in der Glut zu. Schmeckt absolut lecker! Das letzte Lagerfeuer war besonders lustig und artete im Witzeabend aus. Meine Lachmuskeln machten an diesem Abend Ueberstunden!
  7. Wie das Leben so spielt, kommen und gehen die Leute an jedem Arbeitsplatz und so haben auch wir hier schon einige Leute verabschiedet. Red Boats feiert das Ausscheiden jahrelanger Mitarbeiter auf ganz besondere Weise und so finden zu diesen Anlaessen die Parties auf unseren Booten statt. Getraenke und Fresserei zahlt die Firma, was wohl ein Grund dafuer ist, dass diese Parties immer sehr spaet zu Ende gehen. Unsere Koeche kann ich dabei nur loben, denn das Essen ist immer spitzenklasse!
  8. cruises auf dem Milford Sound: Waehrend der Arbeit kann man die Landschaft nicht geniessen und an besonders stressigen Tagen kriegt man von der Umgebung gar nichts mit, besonders wenn man auf der ‚Pride of Milford’ arbeitet, unserem groessten Boot. Deswegen habe ich mir an meinem freien Tag mal ein Cruise auf unserem kleinsten Boot gegoennt, denn erstens muss ich nichts dafuer zahlen und zweitens wollte ich mal sehen, wie es ist, wenn nur 10 Passagiere anwesend sind. Alles sehr relaxt und die Crew ist zu beneiden!
  9. An meinem letzten freien Tag (und dem ersten Tag mit schoenem Wetter) entschied ich mich, ein Stueck die Milford Road hoch zu fahren und einen Spaziergang in der Naehe des Homer Tunnels zu unternehmen. Was ich dabei nicht wusste: der Regen der letzten Tage kam in hoeheren Regionen als Schnee vom Himmel und so waren die Berge und teilweise auch Taeler mit einer Schneeschicht bedeckt. Die Aussicht war atemberaubend! Der Homer Tunnel war wie immer ein Abenteuer, denn so ohne Beleuchtung, mit all seinen Schlagloechern und Ausweichbuchten, die viel zu klein sind, um zwei Busse im Tunnel einander passieren zu lassen, muss man immer auf alles gefasst sein. Auf der anderen Seite des Tunnels hielt ich an, um ein Foto zu machen und hatte sofort einen Kea auf meinen Seitenspiegeln sitzen. Er schaute interessiert ins Auto und ueberlegte wahrscheinlich schon, was er davon anknabbern kann, wenn ich das Fenster oeffne. Diesen Fehler machte ich nicht und so bot ich ihm den Job als meine Kuehlerhaubenfigur an. Er ging nicht weiter auf das Angebot ein und suchte sich unwissende Touristen, die er leichter hinters Licht fuehren kann. Auf dem Rueckweg setzte er sich noch mal auf meine Spiegel und probierte auch die angebotene Position aus aber als sich ein ganzer Bus mit Touristen naeherte, kuendigte er mir die Freundschaft und freundete sich mit den Touristen an. Irgendwas zu fressen gibt es da schliesslich immer!
  10. cleaning: Au ja! Nicht gerade meine Lieblingsbeschaeftigung, aber manchmal muss es eben sein. Habe nur ein sehr kleines Zimmer und da bricht schnell mal das Chaos aus. Auch die Gemeinschaftsraeume muessen von uns gepflegt und gesputzt werden, was wohl aber nicht zu den meisten der Bewohnern vorgedrungen ist. Nachdem ich an einen der verregneten freien Tage mal wieder das Bad geputzt hatte, brachte ich einen Zettel mit der Notiz an, dass sie sich mich als Putzfrau nicht leisten koennen und dass auch mal andere an der Reihe seien. Mal schauen, ob’s hilft.

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Hallo Katja,
meine Zeit mit Arbeit ist auch bald vorbei. Der Kiosk schließt am 31.10. Mal sehen wie es weiter geht. Aber erst hab ich mal genug zuhause zutun. Esszimmer, Schlafzimmer und Büro müssen gestrichen werden. Ab 01.04.07 kann ich dann wieder dort arbeiten. Ob`s hilft einen Zettel anzubringen, ich hoffe du hast mehr Glück als ich. Bei mir im Kiosk hats bei einer gar nichts gebracht. Immer wenn ich morgens komme und Erika hat Abendschicht gemacht, ist die Friteuse nicht geputzt und der Backofen nicht sauber gemacht. Hab große Tafeln aufgehängt mit Regeln drauf. Naja.
Du willst nicht mehr nach Deutschland zurück, ich glaube das ist eine gute Entscheidung. Was mir halt fehlen würde, wäre meine Familie, sonst würde mich hier auch nichts halten. Ich wünsche dir noch eine schöne Zeit. Bis dann. LG Manu

Anonym hat gesagt…

Hi Katja,
wie schön zu hören, dass du deine Zeit da unten immer noch so genießt. Barbara und ich schmieden schon Pläne, wie wir wieder zurück kommen könnten, um uns was aufzubauen =P Aber erst mal das Jahr im Klinikum fertig machen. Soweit gefällt es mir immer noch gut. Erlangen ist eine so schöne Stadt - voller Leben und junger Leute. Natürlich nicht zu vergleichen mit "good old Christchurch" =) Nun denn, wenn es was Neues zu berichten gibt, schreib ich dir natürlich. Danke nochmal für die CD und meld dich weiterhin. Freu mich immer sehr über deine Mails.
Liebe Grüße Maxi