Dienstag, August 07, 2007

Klettern über Stock und Stein

Wer nicht hören will, muß fühlen. Dieser Satz ging mir mehrfach durch den Kopf, als ich mich mal wieder im Aufstieg zum Lake Marian befand. Außerdem dachte ich über meinen damaligen Tagebucheintrag nach und wenn ich mich nicht irre, schrieb ich damals sinngemäß, dass der See zwar wunderschön und die Aussicht atemberaubend seien, dass ich da aber nicht unbedingt noch mal hochklettern muß. Nun gut, Pavlina wollte unbedingt auch mal einen Blick auf Lake Marian werfen und wir erfuhren von Arbeitskollegen, dass er im Winter zugefroren ist und somit hatte ich mich irgendwie selbst überstimmt, denn das wollte ich mir nicht entgehen lassen.

Das bereute ich allerdings sehr schnell, denn leider hat sich der Weg zum Lake nicht groß verändert. Er ist noch immer ziemlich steil, anstrengend und man macht sich garantiert dreckig. Wir kletterten also über Stock und Stein, wobei Stock und Stein immer größer und glitschiger wurden und auch die Steigung hatte es in sich. Selbst Pavlina beschwerte sich über den steilen Aufstieg und das mag schon was heißen, denn normalerweise klettert sie wie ne Bergziege ohne Klagen und Luftholen.

Als es dann auch noch matschig wurde, war das nicht mehr lustig und ich war froh und auch irgendwie stolz (auf meine Ortskundigkeit), dass ich verkünden konnte, wir seien nicht mehr weit vom Ziel entfernt. Wie auch schon bei meinem ersten Besuch eröffnete sich mir langsam die Sicht auf den See, als ich aus dem Wald heraustrat und mir verschlag es fast die Sprache: schneebedeckte Berge umgaben den tatsächlich gefrorenen See und die einzigen wahrzunehmenden Geräusche waren Keas in der Ferne, das Krachen des Eises am Ufer des Sees und das Donnern der Lawinen hoch oben auf den Bergen. Die Atmosphäre war irgendwie majestätisch ruhig und friedlich und auch das Wetter hatte ein Nachsehen mit uns und so genossen wir den allerherrlichsten Sonnenschein. Pavlina fröhnte ihrer Lieblingsbeschäftigung und legte sich erst mal auf einen Stein, um ein Sonnenbad zu nehmen. Ich nutzte die Gelegenheit und spazierte herum und sah mir diesmal die Seite des Sees an, die ich beim letzten Mal nicht gesehen hatte. Dabei stieß ich auf eine ältere Frau, die mit ihrem Mann wandern war und hatte eine sehr angenehme Unterhaltung mit ihr. Hut ab vor den beiden und ihrem Alter und ihrem unermesslichen Tatendrang!

Wir wollten gar nicht wieder gehen, denn im Hinterkopf hatten wir schon den Weg zurück und der sollte nicht einfach werden. Was hoch wärts schon eine Qual ist, kann runter wärts zu einem gefährlichen Unterfangen werden, schließlich war es glitschig und die Schritte die man teilweise machen musste, waren definitiv nicht für meine Schrittlänge gedacht! Wie ich das eigentlich schon von Pavlina gewohnt bin, war sie irgendwann verschwunden und ich fragte mich, wie sie es in dem Affentempo den Berg sicher runterschaffen konnte. Auf dem Parkplatz fand ich sie wohl und munter und so kann es wohl wieder nur an mir gelegen haben! Egal, wir haben den Walk sicher nicht immer genossen, dafür aber die Aussicht umso mehr und das ist ja die Hauptsache! Liebe Tina und Frank, ich kann den Walk nur empfehlen, wenn Ihr mich besuchen kommt, aber bitte rechnet nicht mit mir. Zweimal reicht völlig aus. Es sei denn, Ihr chartert einen Helikopter, dann bin ich natürlich mit von der Partie (big smile).

Ein Geburtstagsständchen unter den Sterling Falls und Unmengen von Fisch

Mein Geburtstag begann wie jeder andere Arbeitstag auch und abgesehen von den Geburtstagsglückwünschen meiner Kollegen unterschied er sich auch nicht besonders von allen anderen Tagen. Als unser Skipper Richard aber plötzlich alle Leute über Mikrofon aufforderte, auf dem Bug des Boots für einen besonderen Anlaß Stellung zu nehmen, kam mir das schon sehr spanisch vor. Vor allem, weil wir uns gerade im ´Landeanflug´ unter die Stirling Falls befanden. Ich wurde ganz an die Spitze des Bugs befördert und nahm eine Dusche unter den Sterling Falls, während Richard, die Crew und einige Passagiere Happy Birthday für mich sangen. Das war schon ein ganz besonderes Gefühl, auch wenn Richard das Boot verdächtig lang unter dem Wasserfall parkte. Danach war ich pitschnaß und verbrachte einige Zeit in der Nähe unserer Heizkörper, weil ich ziemlich krank war und es nicht noch schlimmer machen wollte.

Gegen 6 Uhr Abends begann eine Handvoll Leute in der Küche ein Abendessen vorzubereiten und ich war überwältigt über das rege Treiben. Bruce und Giselle, die an dem Tag sehr erfolgreich fischen waren, steuerten ihren Fang zum Abendessen bei und so aßen wir u.a. leckeren frischen Fisch, wie übrigens auch an den darauffolgenden Tagen. Der Tisch wurde sogar mit einer Tischdecke und Farnen dekoriert, was das Abendessen zu einem ganz besonderen Erlebnis machte. Wir saßen dort für mehrere Stunden, genossen das Essen, tranken Wein und quatschten. Meinen Geburtstag auf diese Art und Weise zu feiern, war für mich wichtiger, als eine große Party, denn Partys finden hier ständig statt.

Nach dem Aufräumen, verschwanden die meisten in den Pub, was ich mir aber ersparte. Ich rief lieber zu Hause an und sprach mit meiner Mum und legte mich dann ins Bett, um meine Erkältung zu bekämpfen.

Vielen lieben Dank für die vielen Geburtstagsgrüße per Mail, ich weiß, dass ich noch nicht alle beantwortet habe, aber das werde ich auf jeden Fall in den nächsten Tagen noch nachholen.

Samstag, August 04, 2007

Skifahren, kayaken bei Vollmond und ein neues vierrädriges Gefährt

Die Nähe zum Wintersportort Nummer ein in Neuseeland lies es kaum vermeiden, dass auch ich eines Tages mit dem Ziel nach Queenstown fuhr, mich auf den Brettern dieser Welt möglichst elegant nach unten zu bewegen. Jill und Kevin, das irische Päarchen, dass vor vielen Monaten bei Red Boats in Milford arbeitete, verdienen nun ihre Brötchen in Queenstown auf Coronet Peak und so lag es nahe, dass ich sie dort besuchen und mein Glück auf Skiern versuchen würde. Sie versorgten mich mit Ausrüstung und einem Liftpaß und weil ich schon seit fast 15 Jahren nicht mehr auf Skiern gestanden habe, ging ich auf Nummer sicher und nahm erst mal ne Anfängerstunde. Dort stellte ich fest, dass ich soviel nicht verlernt habe und noch ganz sicher auf Skiern stehe und so fragte ich den netten instructor, ob sie mir nicht zeigen könne, wie man denn nun elegant den Berg runter kommt, ohne kilometerlang im Schneeflug nach unten zu brettern. Sie zeigte mir die Bewegungen und ich verstand überhaupt nicht, wie ich das damals zu Familien-Ski-Zeiten nicht hinkriegen konnte, weil es eigentlich ganz einfach ist. Den nächsten Tag verbrachte ich mit Üben, Üben, Üben und zwischenzeitlichem Anstehen am Lift. Ein paar Mal landete ich auch auf dem Hosenboden und das dummerweise, weil ich beim Absteigen vom Lift jedes Mal den richtigen Zeitpunkt verpasste. Trotzdem war ich stolz auf mich, weil ich noch immer auf meinen zwei Beinen eigenständig nach Hause gehen konnte und mich nicht zu dumm angestellt habe. Allerdings sind meine Knie diese Bewegungen nicht gewohnt und so konnte ich am Abend und an den darauffolgenden Tagen ohne Schmerzmittel keinen Fuß vor den anderen setzen. Sport ist und bleibt eben doch Mord!

Eine weitere sportliche Betätigung stand Ende Juli auf dem Programm. In diesem Monat hatten wir zwei Vollmonde, genannt blue moon und zu Ehren dieses seltenen Phänomens entschieden wir uns für ein Vollmond paddeln mit unserem lokalen kayaker Jason. Dummerweise war der Himmel bedeckt und man sah den Vollmond gar nicht, aber das war uns ziemlich egal, weil wir trotzdem ne Menge Spaß hatten. Kayaken in Milford Sound ist schon tagsüber sehr empfehlenswert, weil man alles aus einer ganz anderen Perspektive erlebt, aber nachts ist dieses Erlebnis noch viel intensiver. Man konzentriert sich mehr auf die Geräusche und genießt die Stille, die nur vom Rauschen der Bowen Falls und von einigen Vögelschreien unterbrochen wird. Wir schworen uns, dass wir nicht wieder auf einen blue moon warten, bis wir dies wiederholen werden!

Wie ich ja bereits berichtet habe, ist mein geliebter Wolfgang in die ewigen Jagdgründe übergesiedelt und genießt nun seinen wohlverdienten Ruhestand. Ohne Wolfgang habe ich erst mal festgestellt, wie abhängig ich von einem Auto bin, besonders hier in Milford, weil ich ständig auf Transport aus Milford und zurück angewiesen bin. Nun hat es sich ergeben, dass Nancy, eine gute Freundin, die mit uns bei Red Boats arbeitete und für ein paar Monate Gunns´s Camp im Hollyford Valley gemanagt hat, uns leider verlässt und zurück in die Staaten fliegt und ihr Auto loswerden wollte. Sie machte mir einen Freundschaftspreis und nun gehört ihr Auto mir. Es handelt sich um einen noch recht knackigen Mazda, Baujahr 1992 und –hier wird es spannend- es ist Automatik. Ich bin ja schon ein paar Mal Automatik gefahren, weiß also, wie das funktioniert, aber die Umstellung und Umgewöhnung wird wohl noch ne Weile dauern, denn an die fehlende Kupplung kann ich mich so schnell nicht gewöhnen. Außerdem ist mein linkes Bein ganz schön gelangweilt, weil es nichts zu tun hat. Das Auto habe ich übrigens Nancy getauft, um die Vorbesitzerin in Erinnerung zu behalten. Ich hoffe, Nancy und ich werden uns gut verstehen, viele Kilometer hinter uns lassen und viele Abenteuer in Neuseeland bestehen!

Winter in Milford

Die Winterzeit in Milford könnte unterschiedlicher zur Sommerzeit nicht sein. Nicht nur, dass momentan hier bei Red Boats weitaus weniger Leute beschäftigt sind (zur Zeit nur 10 Boat Hosts, 3 Skipper, 5 Leute in der Küche und 3 im Office), wir haben auch nur 2 von unseren 4 Booten in Betrieb. Die anderen beiden sind entweder in Deep Water Basin vertaut oder befinden sich in Dunedin, wo sie einer Art TÜV unterzogen werden. Pride of Milford, die sich gerade in Dunedin befindet, wird von den meisten stark vermisst und wir ersehen schon ihre Ankunft in Milford herbei.

Das Wetter ist viel beständiger als im Sommer. Entweder ist es knackig kalt und dafür haben wir schönsten Sonnenschein und das meist wochenlang oder es wird wärmer und es regnet für ein paar Tage. Das schönste am Winter in Milford sind die nichtexistierenden Sandflies bei den knackig kalten Temperaturen. Man kann sich so sehr daran gewöhnen, die Quälgeister NICHT um sich herumzuhaben, dass man sich extrem gestört fühlt, wenn sie bei wärmeren Temperaturen wieder auftauchen. Momentan frage ich mich ernsthaft, was das denn im Sommer werden soll!

Der Zusammenhalt untereinander ist im Winter viel größer, weil man viel mehr Zeit miteinander verbringt. Manchmal haben wir für mehrere Tage die selbe Crew auf einem Boot, und das ist auch einer der Hauptunterschiede zum Sommer, wo die Crew ständig wechselt und man selten mit den gleichen Leuten für mehrere Tage am Stück arbeitet. Winterzeit in Milford ist eine friedvolle Zeit. Während man im Sommer Schlange stehen muß, um einen Platz am Computer zu ergattern, geht das momentan ohne jegliche Kämpfe von statten. Auch beim Bestimmen des Fernsehprogramms herrscht Einigkeit, was bei gerade mal 2 bis 3 Zuschauern wesentlich einfacher zu erzielen ist, als mit 8 oder 10. Die Küche hat genügend Kochplätze für alle, während man im Sommer oftmals wieder von dannen ziehen muß, weil alle Herde besetzt sind. Milford Pub, der schon immer als Treffpunkt für die locals galt, wird im Winter zum 2. Wohnzimmer. Oftmals sitzen wir dort in unsere Decken eingemummelt auf dem Sofa und schauen Filme oder Rugby. Touristen verirren sich wenige dorthin und wenn es im Pub von Touristen wimmelt, hat das meist nur eins zu bedeuten: die Milford Road wurde gesperrt und sie haben es nicht rechtzeitig herausgeschafft, sodass sie nun in Milford festsitzen. Da hilft alles Fluchen und Zettern nichts, so was muß ausgesessen werden und das kann Tage dauern! Für locals bedeutet das, dass an solchen Tagen meist geputzt wird, was die Putzmittel hergeben oder aber dass die Crew mit Sicherheitsdrills beschäftigt ist, um wieder auf dem aktuellsten Sicherheitsstand zu sein. Besonders unglücklich ist es, wenn man in Te Anau oder in Gunn’s Camp (im Hollyford Valley) feststeckt und am nächsten Tag zur Arbeit erscheinen muß. Auch dass kann nur ausgesessen werden, man muß aber vor Ort bleiben, um `erreichbar` zu sein, ansonsten gibt’s kein Geld.